Seit vielen Jahren bedeutete Sommer nur eines: Training, Training, Training. Von Juni bis August standen drei Trainingslager auf dem Programm, davon eines auf dem Eis. Es war aber immer etwas besonderes, denn wo andere Leute Urlaub machen (in Italien, Inzell oder den Pyrenäen), gingen wir unserem „Job“ nach, nämlich so gut vorbereitet wie möglich in die Saison zu gehen.
Dieses Jahr hatte ich endlich mal Zeit für Sommerurlaub und habe diese auch gut genutzt für eine mehrwöchige Rundreise durch den Osten Kanadas, mit Auto und Zelt. Statt Kraft-, Rad- oder Eistraining standen Wandertouren entlang der Atlantikküste oder der Flüsse und Seen Kanadas auf dem Programm. Erstaunlich oft gingen dabei meine Gedanken zurück - was habe ich noch letztes Jahr in der und der Woche oder sogar an diesem oder dem anderen Wochentag gemacht - was habe ich dabei gedacht und welche Erwartungen hatte ich noch vor einem Jahr, als die Olympischen Spiele noch vor der Tür standen.
Relativ schnell habe ich für mich festgestellt, dass kein Abenteuer in der Wildnis Amerikas so spannend und ungewiss ist, wie die Vorbereitung auf die nächste Saison oder gar ein so großes Ziel wie Olympia.
Selten habe ich an die negativen Seiten gedacht, die unglaubliche Quälerei im Training, frühmorgentliche Dopingkontrollen oder an den selbst an den schönsten Orten fast unvermeidliche Lagerkoller. Vielmehr standen im Mittelpunkt meiner Erinnerungen die unzähligen lustigen Momente, die Kameradschaft, das gute Gefühl, auf ein gemeinsames Ziel hinzuarbeiten oder auch das unvergleichliche Gefühl nach einem harten Trainingstag zu entspannen und DVDs zu gucken.
Natürlich wird man dabei ein wenig traurig, aber dann überwiegt auch wieder die Freude und der Stolz, das alles erlebt zu haben dürfen und für immer ein Teil dieser Leistungssportgemeinschaft zu bleiben, egal ob aktiv oder als Ehemalige. Sportlich aktiv bin ich auch weiterhin. Seit März diesen Jahres ist es mir allerdings eine Genugtuung, einfach mit Sport aufzuhören, wenn es zu anstrengend, langweilig oder ungesund ist und nicht täglich zu versuchen die eigenen körperlichen Grenzen zu verschieben.
Jenny Wolf
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